Strafrechtsschutz-Ausschnittsdeckung in der D&O-Versicherung – Adäquater Ersatz oder trügerische Sicherheit?

Die D&O-Versicherung schützt Manager:innen bei einer Inanspruchnahme aufgrund eines Vermögensschadens und damit im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen. Dem Haftpflichtprozess geht jedoch häufig ein Strafverfahren voraus, dessen Erkenntnisse Einfluss auf die Entscheidung im Zivilprozess haben können. Jüngstes prominentes Beispiel ist der Wirecard-Prozess vor dem Landgericht München I, in dem derzeit die strafrechtlichen Vorwürfe gegen den Vorstandsvorsitzenden Braun und zwei seiner Manager aufgearbeitet werden. Die dort getroffenen Erkenntnisse dürften sowohl für die Schadensersatzforderung des Insolvenzverwalters als auch für die Feststellung einer möglichen Wissentlichkeit der Pflichtverletzung und die Eintrittspflicht der in den Deckungsschutz einbezogenen D&O-Versicherer von Bedeutung sein.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass im Zuge einer weichen Marktphase die eigentlich wesensfremde Strafrechtsschutz-Ausschnittsdeckung Eingang in die D&O-Bedingungen gefunden hat. Diese erfreut sich auch zunehmender Beliebtheit; nach den Erfahrungen der Finlex Claims-Abteilung entfällt knapp ein Drittel der gemeldeten Schadenfälle auf die Strafrechtsschutz-Ausschnittsdeckung.

Wie die Bezeichnung als Ausschnittsdeckung vermuten lässt, sind durch die Strafrechtsschutz-Ausschnittsdeckung nicht jegliche Kosten, die im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen und Verfahren entstehen, abgesichert. Durchgängig wird in den D&O-Bedingungen ein Bezug zu einer versicherten Pflichtverletzung gefordert. Überwiegend muss der Eintritt des Versicherungsfalls zudem hinreichend wahrscheinlich oder zumindest möglich sein damit Verteidigungskosten übernommen werden. Hier kann es zu Diskussionen mit dem Versicherer kommen, da die strafbare Handlung nicht zwangsläufig zu einem Vermögensschaden bei dem Unternehmen führen muss. Im Gegensatz hierzu ist bei der Spezial-Straf-Rechtsschutzversicherung nur ein Zusammenhang mit der Tätigkeit für die Versicherungsnehmerin bzw. das mitversicherte Unternehmen erforderlich.

Auch bei dem Kreis der Versicherten gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Deckungskonzepten. Die Strafrechtsschutz-Ausschnittsdeckung richtet sich an die versicherten Personen der D&O. Neben den Organen der Unternehmen sind dies nur wenige Mitarbeitende in exponierter Stellung wie z.B. leitende Angestellte oder Compliance Beauftragte. Im Rahmen der Spezial-Straf-Rechtsschutzversicherung zählen alle natürlichen Personen in Ausübung ihrer Tätigkeit für die Versicherungsnehmerin zu den versicherten Personen, so dass z.B. auch freie Mitarbeitende in den Genuss der Deckung kommen. Vor allem sind aber auch die Versicherungsnehmerin und ihre Tochtergesellschaften über die Spezial-Straf-Rechtsschutzversicherung abgesichert, z.B. wenn wegen des Verdachts auf eine Kartellbildung oder umweltrelevante Tatbestände ermittelt wird.

Meist ist die Strafrechtsschutz-Ausschnittsdeckung mit einem kleinem Sublimit versehen. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass auch bei einer Inanspruchnahme des Bausteines eine ausreichende Versicherungssumme für die Kernaufgabe der D&O – die Abwehr unbegründeter und Befriedigung begründeter Vermögensschadenhaftpflichtansprüche – vorhanden ist, zumal die Versicherungssumme nur einmal je Versicherungsperiode zur Verfügung steht. Die gängigen Konzepte in der Spezial-Straf-Rechtsschutzversicherung für Unternehmen sehen hingegen entweder eine zweifache Maximierung der Versicherungssumme vor oder verzichten gänzlich auf eine Beschränkung der Maximierung.

Von Vorteil für die durch die Strafrechtsschutz-Ausschnittsdeckung begünstigten Personen ist, dass die D&O-Versicherung kein Zustimmungserfordernis oder Widerspruchsrecht seitens der Versicherungsnehmerin bezüglich der Gewährung des Versicherungsschutzes kennt. Anders ist dies in der Spezial-Straf-Rechtsschutzversicherung für Unternehmen. Dort muss die Versicherungsnehmerin der Deckung für ehemalige oder freie Mitarbeitende zustimmen und hat teilweise die Möglichkeit der Rechtsschutzgewährung zu widersprechen. Die Konstellationen, in denen der Versicherungsnehmerin ein solches Widerspruchsrecht ausüben kann, variieren je nach Anbieter. Am gängigsten ist ein Widerspruchsrecht in den Fällen, in denen die versicherte Person gegen die Vermögensinteressen der Versicherungsnehmerin verstoßen haben soll.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Strafrechtsschutz-Ausschnittsdeckung in der D&O-Versicherung auf die Bedürfnisse von Führungskräften zugeschnitten ist, während die Spezial-Straf-Rechtsschutzversicherung für Unternehmen einen umfassenderen Schutz bietet, der das gesamte Unternehmen und seine Mitarbeiter abdeckt. Die Strafrechtsschutz-Ausschnittsdeckung hat also durchaus ihre Berechtigung, reicht aber bei Weitem nicht aus, um die strafrechtlichen Risiken für Unternehmen und natürliche Personen ausreichend abzudecken.[/vc_column_text]

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Andreas Wilde

Andreas Wilde

Expert Product & Placement Strategy Management Liablity