Ansprüche aus § 64 GmbHG – keine Schadenersatzansprüche, gleichwohl versichert unter aktuellen D&O-Bedingungen

Das OLG Düsseldorf hat mit seinem Urteil vom 26.06.2020 (Az. 4 U 134/18) ein weiteres Mal festgestellt, dass Inanspruchnahmen des Geschäftsführers gemäß § 64 GmbHG wegen insolvenzrechtswidrig geleisteter Zahlungen der Gesellschaft nicht als Schadenersatzansprüche anzusehen seien, und somit sein Urteil vom 20.07.2018 (Az. 4 U 93/16) bestätigt.

 

Zu beachten ist jedoch, dass die Entscheidung des OLG Düsseldorf von 2018 ein ULLA[1]-Bedingungswerk (mit Versicherungsbeginn 14.08.2010) betraf, und nunmehr in 2020 sog. AVB-O[2] (HV40/09) zugrunde lagen, also ein wohl noch älteres Deckungskonzept.

 

Obgleich das OLG Düsseldorf an seiner durchaus umstrittenen, aber dogmatisch wohl korrekten Rechtsprechung festhält und nach allgemeiner zivilrechtlicher bzw. gesellschaftsrechtlicher Dogmatik die Insolvenzverschleppungshaftung als Anspruch „sui generis“ einstuft – unter einigermaßen aktuellen Bedingungswerken besteht gleichermaßen expliziter Versicherungsschutz auch für solche Ansprüche wegen Zahlungen nach Insolvenzreife.

 

Wie bereits hier (LinkedIn Pulse vom 24.07.2018) ausgeführt, darf heutzutage keinerlei Verunsicherung mehr aufkommen bei Versicherungsnehmern und ihren Managern. Denn dank zahlreicher Klarstellungen hinsichtlich der Definition von „versicherten Ansprüchen“ wird die persönliche Haftung von Organen und Entscheidungsträgern immer umfassender abgedeckt. Gerade in Zeiten unternehmerischer Krise und Insolvenzgefahr erscheint dies unabdingbar, um gut abgesichert die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Etwaige Deckungslücken mit Blick auf § 64 GmbH dürften zeitgemäße Versicherungskonzepte nicht mehr zulassen!

 

Neben den schon seit längerer Zeit in D&O-Policen erwähnten Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis nach §§ 34, 69 AO muss auch der Ersatz von Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Unternehmens (insbesondere gemäß § 64 GmbHG, § 93 Abs. 2 und 3 Nr. 6 i.V.m. § 92 Abs. 2 AktG, §§ 99, 34 GenG, § 188 Abs. 2 Nr. 3 VAG) mittels Definitionserweiterung als „Schadenersatzanspruch“ im Sinne des D&O-Versicherungsvertrages gelten.

 

Aus Sicht des in Anspruch genommenen Geschäftsführers macht es keinen Unterschied, ob nur eine Verkürzung der Bilanzsumme und der potenziellen Insolvenzmasse eintritt, oder aber ein echter Vermögensschaden der Gesellschaft. Die persönliche Haftung der versicherten Personen kann gleichermaßen existenzbedrohend sein, und gerade diese Absicherung ist der Kern des Versicherungsschutzes der D&O-Versicherung. Auch erscheint es grundsätzlich möglich, dass das Unternehmen selbst durch die bemängelten Zahlungen Schäden erlitten hat, etwa weil keine rechtlich wirksame Verpflichtung zur Erbringung der von Geschäftsleitern angewiesenen Leistungen bestanden hat. In diesem Fall wären auf der Grundlage von § 93 Abs. 2 AktG bzw. § 43 Abs. 2 GmbHG versicherte Schadenersatzansprüche denkbar.

 

Hinzuweisen sei zudem auf den notwendigen Versicherungsschutz hinsichtlich „vorbeugender Rechtskosten“, wonach die D&O-Police – unabhängig vom Eintritt des Versicherungsfalles – bereits Kosten einer versicherten Person bei Wahrnehmung der rechtlichen Interessen ersetzt, sofern bestimmte katalogmäßig aufgezählte Ereignisse eintreten, wie z.B.:

 

  • Anfechtung eines Rechtsgeschäftes eines versicherten Unternehmens mit einem Dritten durch den Insolvenzverwalter des Dritten nach § 133 InsO,
  • An versicherte Personen gerichtetes Auskunfts- bzw. Mitwirkungsverlangen nach §§ 97, 101 InsO.

 

 

Gerne stehen wir Ihnen dahingehend beratend zur Seite.

 

 

[1] „Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung von Unternehmensleitern und Leitenden Angestellten“ (ULLA).

[2] „Allgemeine Versicherungsbedingungen zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Organe juristischer Personen, HV40/09“ (AVB-O).

 

 

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