Der D&O-Markt im Umbruch – die systemseitige DDoS-Attacke auf Underwriter und Makler
Wie in unseren letzten beiden Blog-Einträgen bereits geschildert, hat die COVID-19-Pandemie erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft und führt zu einer stark erhöhten Risikosensibilität der D&O-Versicherer. Dies erzeugt eine Vielzahl von Herausforderungen, denen sich Kunden, Makler und Versicherer gemeinsam stellen müssen.
Die aktuelle Situation auf dem D&O-Markt wird Makler und Versicherer an ihre Kapazitätsgrenzen bringen
Während sich in den letzten Jahren das Underwriting im Renewal primär auf exponierte Risiken beschränkte und somit nur ein Bruchteil der Verträge aktiv angefasst wurde, trifft es dieses Jahr nahezu jeden Kunden. Vereinfacht gesagt: Während letztes Jahr noch 10–20% der Verträge aktiv verhandelt wurden, werden es dieses Jahr 80–90% sein.
Es gibt vermutlich nur wenige Systeme, die einen derart hohen sprunghaften Anstieg in Bezug auf die Anfragenmenge aushalten – das System der Versicherungsbranche gehört sicher nicht dazu, denn Anfragen bei oder von Versicherern werden überwiegend von Menschen verrichtet, die bereits vor COVID-19, jedenfalls teilweise, am Limit waren.
Um ganz ehrlich zu sein: Der Service war vorher bereits mindestens verbesserungsbedürftig, dieses Jahr gilt es einen Systemausfall, der in Teilen einem „Denial of Service“[1] gleichen könnte, zu verhindern. Eigentlich schade, dass es dafür keine Versicherung gibt.
Umfang der Risikoprüfung steigt und Renewal-Fragebögen erleben eine Renaissance
Wir wollen uns nicht vertieft wiederholen, denn bereits im letzten Artikel haben wir geschildert, was dieses Jahr auf uns zukommt: Versicherer werden flächendeckend umfangreiche und aktuelle Informationen von Kunden anfordern.
Was vorher kein Problem war, löst jetzt eine Lawine aus. Jede Informationsabfrage führt dazu, dass der Prozess vom Makler an den Kunden herangetragen werden muss. Kunden werden oftmals erstmalig in die Situation kommen, dass sie nicht die freudige Nachricht der bisher gewohnten Prämienreduzierung im Renewal-Gespräch in Empfang nehmen dürfen, sondern dass sie sich plötzlich um ihre Deckung bemühen müssen.
Das geht sogar so weit, dass sie nach vielen Jahren Abstinenz wieder Renewal-Fragebögen beantworten und die Auswirkung der COVID-19-Pandemie auf ihr Unternehmen beschreiben müssen. Das wird Fragen hervorrufen und Unmut erzeugen. Die Organisation und das Nachhalten dieses Prozesses wird für viele Makler zur Mammutaufgabe.
Das pauschale Zurückziehen und/oder die pauschale Preiskeule verstärken das Marktproblem nur zusätzlich
Einige Versicherer haben mehrere, nur auf den ersten Blick einfache, Lösungen für sich gefunden:
- sie zeichnen gar kein (Neu-)Geschäft mehr und/oder
- sie zeichnen sich pauschal runter und reduzieren konsequent Versicherungssummen in ihrem Portfolio und/oder
- sie erhöhen ihre Angebotsprämien pauschal um 20–30%.
Diese Ansätze mögen das Aktuariat zufrieden stellen, allerdings ist keiner der genannten Wege vom Kunden hergedacht – diese werden ohne weitere Erklärung im Regen stehen gelassen. Als Kunde ist es natürlich völlig legitim, ein Angebot mit verschlechterten Konditionen zu hinterfragen. Viele werden Fragen an ihren Makler haben und eine Alternative einfordern.
Dem Makler bleibt in der Regel nichts anderes übrig, als sich mit einer Ausschreibung zu behelfen. Damit bindet er zusätzliche Underwriting-Kapazitäten am Markt. Die „DDoS“-Attacke geht also weiter.
Das D&O-Renewal 2021 wird nur technisch gestützt funktionieren – das haben wir bereits im Mai erkannt
Statt uns voll auf die Entwicklung unserer neuen Plattform-Generation zu fokussieren, mussten wir die Entscheidung treffen, unsere Roadmap zu Gunsten eines neuen Renewal-Prozesses grundlegend zu ändern. Wir wollen unsere Partner dabei unterstützen, diese Marktphase effizienter zu gestalten, als es mit E-Mail, Excel und PDFs jemals möglich sein würde.
Wir werden daher, pünktlich zum Renewal 2021, folgende Features zur Verfügung stellen:
- Underwriter können für ihre Bestandsverträge Risikoinformationen einzeln oder für ganze Portfolien gesammelt anfragen und diese an den Makler übermitteln.
- Möglich wird es auch sein, dass Versicherer Renewal-Fragebögen anlegen und konfigurieren können.
- Kündigungsfristen können von Maklern und Versichern innerhalb der Plattform verwaltet und verkürzt werden.
- Makler können die Anfrage an Kunden weitergeben, so dass der Kunde die Informationen selbstständig im System hinterlegen kann – für den Makler jederzeit einsehbar und maximal effizient.
- Kunden werden über E-Mail-Adressen mit einer integrierten Zwei-Faktor-Authentisierung identifiziert, so dass der Makler immer die Zugangskontrolle hat und der Zugang maximal gesichert ist.
- Die Übermittlung der Daten an den Versicherer erfolgt über ein Freigabesystem des Maklers.
- Angebote werden, wie gewohnt, direkt im System abgegeben und dem Makler online zur Verfügung gestellt.
- Der Weg vom Deckungsauftrag bis zur Police bleibt unverändert.
- Makler bekommen zusätzlich die Möglichkeit, Verträge für Portfolio-Ausschreibungen freizugeben, die von FINLEX zentral am Markt über eine neue Funktion ausgeschrieben werden, um das maximale Verhandlungsergebnis für den Kunden rauszuholen.
[1] „Denial of Service“ (DoS; engl. für „Verweigerung des Dienstes“) bezeichnet in der Informationstechnik die Nichtverfügbarkeit eines Internetdienstes, der eigentlich verfügbar sein sollte. Im Fall einer durch eine Unmenge von Anfragen verursachten Dienstblockade spricht man von einer „Distributed Denial of Service“ (DDoS).
Weitere Teile der Serie:
- Teil 1: Der D&O-Markt im Umbruch – nun auch in Deutschland
- Teil 2: Ansprüche aus § 64 GmbHG – keine Schadenersatzansprüche, gleichwohl versichert unter aktuellen D&O-Bedingungen
- Teil 3: Der D&O-Markt im Umbruch – umfangreiche(re) Risikoprüfungen durch die Versicherer
- Teil 4: Der D&O-Markt im Umbruch – die systemseitige DDoS-Attacke auf Underwriter und Makler
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