COVID-19: Ansteckungsgefahr für Manager – Haftung und D&O-Versicherungsschutz

Die COVID-19-Pandemie stellt Unternehmen und deren Leiter vor enorme Herausforderungen. Es gilt zuvorderst, das Unternehmen durch die Krise zu führen und den Schaden so gering wie möglich zu halten. Aufgrund der Ausnahmesituation und der sich stetig ändernden Parameter – in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht – sind Vorstände, Aufsichtsräte und Geschäftsleiter einem erheblichen Haftungsrisiko ausgesetzt. Neben Gewährleistung der Kontinuität des Unternehmens und Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs hat auch der Schutz der Mitarbeiter überragende Bedeutung. Die möglichen Haftungsrisiken sind vielfältig und können sich während der COVID-19-Krise insbesondere im Rahmen der Entscheidungsfindung und aus der Nichtumsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen ergeben. Begeht ein Manager hier einen Fehler, haftet er mit seinem Privatvermögen, wenn er bei seiner Entscheidung nicht die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewendet hat. Wichtig ist daher, dass ein möglichst umfassender Schutz durch eine D&O-Police besteht.

 

Haftung aufgrund von Fehlern in der Entscheidungsfindung

 

Während der COVID-19-Krise sind die Anforderungen an Manager besonders hoch. Sie müssen die aktuelle Unternehmenssituation intensiver überwachen als bisher, mögliche Risiken identifizieren und analysieren, Publizitätspflichten erfüllen, die Folgen für das Unternehmen abschätzen und geeignete Maßnahmen ergreifen. Hierunter können z.B. die Anpassung von Verträgen, das Beantragen von staatlichen Hilfen oder Steuerstundungen, die Inanspruchnahme externer Krisenmanager oder auch die Einführung von Kurzarbeit sowie die Entlassung von Mitarbeitern fallen. Es ist zwar davon auszugehen, dass die Entscheidungen momentan von einem unkritischen Pragmatismus getragen werden, aber spätestens nach dem Ende der Krise werden auch die in der Krise getroffenen Entscheidungen hinterfragt und neu beurteilt werden.

 

Die zu treffenden Entscheidungen müssen daher auch in Krisen auf einer angemessenen Informationsgrundlage getroffen werden. Was eine angemessene Informationsgrundlage ist, muss stets im Einzelfall beurteilt werden. Faktoren sind dabei insbesondere die Bedeutung und Tragweite der Entscheidung für das Unternehmen sowie die Eilbedürftigkeit. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Manager im Falle der Eilbedürftigkeit Entscheidungen ohne Zustimmung des Aufsichtsrats/Beirats treffen darf, wenn ein Zustimmungserfordernis besteht. Zudem darf der Manager auch bei Eilbedürftigkeit keine Entscheidung treffen, ohne sich eine fundierte Informationsgrundlage geschaffen zu haben. Vielmehr ist ein verhältnismäßiger Ausgleich zwischen Eilbedürftigkeit sowie Bedeutung und Tragweite der Entscheidung herzustellen. Sieht sich der Vorstand aufgrund mangelnder Expertise nicht in der Lage eine eigene Entscheidung zu treffen, ist es seine Pflicht, sich beraten zu lassen, den Rat zu prüfen und bei seiner Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.

Wie bei allen Entscheidungen sind Manager auch hierbei gut beraten, den Entscheidungsprozess zu dokumentieren, um bei möglicherweise zukünftig geltend gemachten Schadensersatzansprüchen Argumente für seine Entlastung zur Hand zu haben.

 

Haftung aufgrund von Fehlern bei der (Nicht-)Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen

 

Besondere Haftungsrisiken ergeben sich in der COVID-19-Krise aus Arbeitsschutzregelungen. Aufgrund der Legalitätspflicht müssen Organmitglieder dafür Sorge tragen, dass geltende Vorschriften eingehalten werden. Die Organmitglieder sind verpflichtet, die Umsetzung von COVID-19-Arbeitsschutzmaßnahmen zu gewährleisten – selbst oder durch Delegation. Aufgrund der sich stetig ändernden Gesetzeslage und dem zum Teil unübersichtlichen Verordnungswirrwarr in den verschiedenen Bundesländern bestehen besondere Herausforderungen bei der Einhaltung der aktuellen Regeln und deren Überwachung. Insbesondere die einheitlichen Arbeitsschutzstandardregeln des Bundesarbeitsministeriums dienen hierbei als Orientierung. Sie sind zwar nicht als unmittelbar bindende Pflicht ausgestaltet, können bei der Prüfung von Arbeitsschutzmaßnahmen aber ohne Weiteres herangezogen werden. Der Arbeitsschutzstandard enthält die mittlerweile altbekannten Regeln, wie z.B. das Aufstellen von Desinfektionsmitteln, Abstandhaltung, Hust- und Niesetikette oder das Heimschicken von Mitarbeitern bei einschlägigen Symptomen. Es reicht nicht aus, die Mitarbeiter zur Einhaltung der Hygieneregeln anzuhalten – vielmehr müssen die Arbeitgeber die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Regeln eingehalten werden, z.B. durch Umgestaltung der Arbeitsplätze, wiederholte Sensibilisierung, versetzte Pausen und Arbeitszeiten oder Anbringen von Markierungen zur Abstandshaltung. Der Arbeitsschutzstandard ist hierbei als absolutes Minimum der Schutzmaßnahmen anzusehen und erfüllt lediglich die Legalitätspflicht des Arbeitsgebers.

 

Das Unternehmen trägt als Arbeitgeber darüber hinaus eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Mitarbeitern und muss dafür Sorge tragen, dass Angestellte ihre Arbeit gefahrlos erbringen können. Aus der Fürsorgepflicht kann sich daher zusätzlich eine Verpflichtung des Arbeitgebers ergeben, unternehmensspezifische Maßnahmen zu treffen. Hierbei sind auf die individuellen Gegebenheiten der Arbeitsstelle und der Mitarbeiter Rücksicht zu nehmen, wie etwa durch besondere Maßnahmen für Risikopatienten oder – soweit durchführbar – durch Ermöglichung von Telearbeit im Homeoffice.

 

Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Infektionsprävention. Dies hat zum einen zur Folge, dass Arbeitnehmer sich grundsätzlich weigern können zur Arbeit zu kommen (bei Lohnfortzahlung), wenn der Arbeitgeber nicht gewährleisten kann, dass die Regeln eingehalten werden und dadurch das Infektionsrisiko am Arbeitsplatz auf ein Minimum reduziert wird. Zum anderen kommt eine zivilrechtliche Haftung des Arbeitgebers gegenüber erkrankten Arbeitnehmern in Betracht, wenn Schutzmaßnahmen nicht eingehalten werden und dadurch Mitarbeiter zu Schaden kommen. Denkbar ist darüber hinaus sogar eine Strafbarkeit des Organs, beispielsweise aufgrund fahrlässiger Körperverletzung oder sogar Tötung aufgrund der unterlassenen Arbeitsschutzmaßnahmen.

 

D&O-Versicherungsschutz

 

Die dargestellten Szenarien sind nur ein kleiner Ausschnitt der denkbaren Haftungsrisiken. Umso wichtiger ist es für Manager, auf einen möglichst umfassenden D&O-Versicherungsschutz zurückgreifen zu können. Der D&O-Vertrag bietet hierbei in der Regel aber keine allumfassende Deckung.

 

In den gängigen Standardkonzepten der Versicherer sind grundsätzlich nur reine Vermögensschäden versichert. Ein solcher reiner Vermögensschaden liegt vor, wenn der eingetretene Schaden nicht aus einem Sach- oder Personenschaden resultiert. Wirtschaftliche Fehlentscheidungen – die z.B. dadurch entstanden sind, weil sich ein Manager keine fundierte Informationsgrundlage geschaffen hat, Verträge nicht angepasst/gekündigt wurden oder es versäumt wurde, eine Betriebsunterbrechungsversicherung abzuschließen und dies zu einem finanziellen Verlust des Vermögens des Unternehmens führt – sind reine Vermögensschaden und könnten grundsätzlich versichert sein.

 

Anders verhält es sich jedoch bei Schäden, die dadurch entstehen, dass der Manager aufgrund mangelnder Arbeitsschutzmaßnahmen die Gesundheit seiner Mitarbeiter geschädigt hat und hieraus z.B. Heilbehandlungskosten, Schmerzensgeld- oder weitere Entschädigungsansprüche entstehen. Fälle, bei denen ein Personenschaden vorausging, betreffen sodann primär die Betriebshaftpflicht-, und nicht die D&O-/Managerhaftpflichtversicherung. Dies gilt auch für Fälle, in denen sich aufgrund der mangelnden Umsetzung/Überwachung von Arbeitsschutzmaßnahmen finanzielle Einbußen ergeben, weil der Betrieb aufgrund erkrankter Mitarbeiter (teilweise) zum Erliegen kommt.

 

Nur wenn im Vertrag explizit auch mittelbare/unechte Vermögensschäden versichert werden, sind solche Konstellationen vom Versicherungsschutz umfasst. Das FINLEX Spezialkonzept zur D&O-Versicherung enthält eine solche Klausel. Danach gilt: Nicht als Personen‐ oder Sachschaden gelten insbesondere Schäden, die aus Personen‐ und Sachschäden Dritter folgen, es sich jedoch nicht um deren Ersatz, sondern um den daraus entstehenden eigenen Schaden, wie z.B. Gewinneinbußen etc., handelt. Nur bei Vorliegen einer solchen oder ähnlichen Klausel bietet die D&O-Police einen möglichst umfassenden Schutz, auf den Manager insbesondere in Krisenzeiten angewiesen sind.

 

In der derzeitigen Marktphase mit steigenden Preisen, sinkenden Kapazitäten und ggfs. auch eingeschränkteren Bedingungen – verbunden mit erhöhten Haftungsrisiken – ist daher auf die Qualität der Produkte besonderen Wert zu legen.

 

Wir halten Sie über weitere Entwicklungen wie gewohnt informiert! Unabhängig davon stehen Ihnen Ihre Ansprechpartner bei FINLEX jederzeit zur Seite. Sprechen Sie uns gerne an.

 

 

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