Reform des Versicherungsteuergesetzes – Risikobelegenheit und Doppelbesteuerung
Über die Versicherungsteuer in Deutschland und in den meisten Teilen Europas werden Prämien- oder Beitragszahlungen aus Versicherungsverträgen besteuert. Der Gesetzesentwurf zur Reformierung des Versicherungsteuerrechts wurde Ende letzten Jahres verabschiedet und trat am 3. Dezember 2020 in Kraft – mit weitreichenden Änderungen für das Versicherungsteuergesetz.
Das Bundesfinanzministerium hat im BMF-Schreiben vom 4. März 2021 weitere Ausführungen zur Versicherungsteuerbarkeit gemäß § 1 Versicherungsteuergesetz (VersStG) veröffentlicht, welche die neuen Regelungen ausführlich aufgreifen und Stellung zu einzelnen Steuertatbeständen beziehen.
Die Reform hat insbesondere zur Folge, dass nun eine Pflicht zur Doppelbesteuerung von Risiken außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (Drittländer) entstehen kann. So fällt auch für mitversicherte Betriebstätten und Risiken, die außerhalb des EWR belegen sind – im Falle eines deutschen Versicherungsnehmers – die deutsche Versicherungsteuer an, die zusätzlich zur lokalen Versicherungsteuer zu entrichten ist.
EWR-Versicherer, Drittlandversicherer und Lloyd’s of London
Versicherer mit Sitz innerhalb des EWR führen die deutsche Versicherungsteuer direkt für die Versicherungsnehmer ab.
Sitzt das Versicherungsunternehmen jedoch außerhalb des EWR (sog. Drittlandversicherer, vgl. § 1 Abs. 3 VersStG), so muss der Versicherungsnehmer stattdessen die Versicherungsteuer eigenständig abführen.
Für Lloyd‘s existiert die Sonderregelung des § 10c VersStG, wonach der Hauptbevollmächtigte als Steuerentrichtungsschuldner gilt.
Belegenheit des Risikos außerhalb von Deutschland
Die Steuerlast ergibt sich für Unternehmen grundsätzlich aus der Belegenheit des Risikos:
Ist das versicherte Risiko in einem anderen EWR-Staat belegen, hat Deutschland kein Besteuerungsrecht und solche außerhalb des Geltungsbereichs des VersStG belegene Risiken werden ausdrücklich von der Steuerbarkeit ausgenommen.
Für außerhalb des EWR belegene Betriebsstätten oder sonstige Einrichtungen, die unter dem Versicherungsvertrag eines deutschen Unternehmens mitversichert sind, wird nunmehr gleichwohl eine Steuerbarkeit dieser Versicherungen begründet: anknüpfend an eine Ansässigkeit des Versicherungsnehmers in Deutschland. Es kann damit – ganz bewusst – zu durchaus erheblichen Doppelbesteuerungen kommen, sobald sich das Bezugsobjekt der Versicherung in einem Drittland befindet und der Versicherungsnehmer in Deutschland ansässig ist.
Für Konditions- und Summendifferenz-Deckungen (DIC/DIL-Masterverträge) kommen außerhalb des EWR zusätzlich zu den lokalen Steuern demnach noch 19 % Versicherungsteuer in Deutschland dazu, dies wirkt sich wie eine Prämienerhöhung aus. Bisher wurde für die meisten hiervon betroffenen Länder – im Rahmen der üblichen Verteilungsschlüssel (Tax Allocations) – versicherungsteuerfrei alloziert.
Ist der Versicherungsnehmer in mehreren Ländern tätig, muss hinsichtlich der Steuer ggf. eine Teilung anhand verschiedener Kriterien vorgenommen werden. Ausschlaggebend sind z.B. Anzahl oder Bilanzhöhen der Tochterunternehmen, Anzahl der versicherten Personen, Umsatz in einzelnen Ländern etc. Diese unterscheidet sich jedoch auch je nach Versicherungsart.
Nunmehr gilt es damit, auch diese neuen Aspekte der Versicherungsteuer bei der Wahl optimaler Programmstrukturen im Auge zu behalten – zusätzlich zur immer wichtiger werdenden Regulatorik (-> Lokalpolicen, Internationale Programme) und den aktuellsten BREXIT-Folgen (-> Dual Stamp-Policen) .
Wir raten dazu, bestehende Versicherungsverhältnisse hinsichtlich Versicherungszahlungen zu prüfen und regelmäßig zu kontrollieren. Hier geht es zunächst um Kosten, vor allem aber auch um strafrechtliche Risiken.
Die Finlex Experten stehen Ihnen gerne beratend zur Seite, sprechen Sie uns an.
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