Balance-Akt: D&O-Versicherung zwischen Marktzyklen und echter Risikobewertung
Autor: Florian Kowarz, Lead Underwriter Financial Lines bei Markel Insurance SE
Die nachhaltige Prämiengestaltung in der D&O-Versicherung bleibt eine komplexe Herausforderung. Die jüngsten Marktentwicklungen zeigen erneut, dass Prämienzyklen nicht immer im Einklang mit der tatsächlichen Risikolage stehen. Während zwischen 2019 und 2022 eine drastische Marktverhärtung mit steigenden Prämien, reduzierten Deckungssummen und restriktiveren Bedingungen zu beobachten war, zeichnet sich nun ein gegenteiliger Trend ab: Der Markt wird weicher, Kapazitäten steigen, und Prämien sinken. Doch spiegelt diese Entwicklung die aktuellen wirtschaftlichen und regulatorischen Risiken wider?
Marktzyklen vs. Risikorealität
Die D&O-Versicherung folgt marktwirtschaftlichen Zyklen. Nach einer Phase hoher Prämien und restriktiver Policen in Folge der COVID-19-Pandemie erleben wir nun eine Lockerung: Versicherer konkurrieren verstärkt um Marktanteile, Bedingungen werden wieder großzügiger. Dies steht jedoch in einem bemerkenswerten Widerspruch zur wirtschaftlichen Realität.
Denn während die Versicherungsprämien sinken, steigt das Haftungsrisiko für Unternehmensleiter. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland stieg 2023 um 23 %, und das regulatorische Umfeld bleibt anspruchsvoll. Strengere ESG-Vorgaben, verschärfte Compliance-Anforderungen sowie wachsende Cyber-Risiken setzen Vorstände und Geschäftsführer unter zunehmenden Druck.
Makroökonomische Unsicherheiten als Risikofaktor
Neben branchenspezifischen Risiken belasten makroökonomische Entwicklungen den Markt. Eine restriktive Geldpolitik, Inflation und eine schwächelnde Konjunktur in Europa und den USA erhöhen die wirtschaftlichen Unsicherheiten. Geopolitische Spannungen, wie der Krieg in der Ukraine und Konflikte im Nahen Osten, verstärken das Risiko volatiler Märkte und erschweren langfristige Planungen für Unternehmen.
In diesem Umfeld wäre eine risikoadäquate Prämienstrategie entscheidend. Doch anstatt Stabilität zu gewährleisten, folgt der Markt erneut zyklischen Ausschlägen – mit potenziell gravierenden Folgen.
Braucht der Markt eine nachhaltigere Prämienstrategie?
Nachhaltigkeit in der Versicherungswirtschaft bedeutet mehr als nur ökologische Verantwortung – es geht um stabile und langfristig tragfähige Prämienstrukturen. Die aktuelle Preissenkung könnte kurzfristig attraktiv erscheinen, doch eine erneute Marktverhärtung scheint absehbar, sollte sich die Schadenquote verschlechtern.
Um extreme Korrekturen zu vermeiden, ist eine fundierte, langfristige Risikoeinschätzung erforderlich. Versicherer müssen aus vergangenen Zyklen lernen und eine ausgewogene Strategie verfolgen, die weder übermäßige Marktverhärtungen noch kurzsichtige Lockerungen begünstigt.
Fazit: Stabilität statt Zyklusabhängigkeit
Der D&O-Markt steht vor einem Balanceakt zwischen Wettbewerbsdruck und realistischen Risikobewertungen. Eine nachhaltige Versicherungspolitik muss langfristige Stabilität gewährleisten, statt sich von kurzfristigen Markttrends leiten zu lassen. Nur so kann die D&O-Versicherung auch in Krisenzeiten ein verlässlicher Schutz für Unternehmensleiter bleiben.
Florian Kowarz | (Pressefoto)
Bildnachweis: Markel Insurance SE
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